Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Tagung des Zentrums für Klassikforschung 2010 im Goethe-Nationalmuseum WeimarKlassik Stiftung Weimar

Tagungen

Das Zentrum für Klassikforschung veranstaltet in Weimar regelmäßig international besetzte Tagungen, die sich dem Phänomen der „Klassik“ aus transdisziplinärer Perspektive widmen.

Tagung 2025: Das Wissen des Krieges: Konstellationen der Weimarer Klassik um 1800

8. - 10. Oktober 2025

Tagungsleitung: Prof. Dr. Andrea Albrecht (Heidelberg), Dr. Arno Barnert (Weimar), Dr. Reinhard Laube (Weimar)

Die Tagung stellt die Weimarer Militärbibliothek ins Zentrum, ein von 1630 bis 1930 aufgebauter Wissensraum mit einem zentralen Schwerpunkt in der Epochenschwelle um 1800 während der Napoleonischen Kriege sowie den Freiheitskriegen. Die Bibliothek war Teil eines Ensembles von Sammlungen und Sammlungsräumen. An den Weimarer Rokokosaal, seit Mitte des 18. Jahrhunderts Mittelpunkt der Herzoglichen Bibliothek, wurde bis 1825 ein neuer Sammlungsraum angebunden: Ein Wehr- wurde zum Bücherturm, zugänglich über einen Steg oder eine Vorhalle mit separatem Eingang. Diese Konstellation wurde geplant und umgesetzt im Thüringer und Weimarer Erfahrungsraum von 1805/06: Die Napoleonischen Kriege hinterlassen Spuren in Mensch, Landschaft und Werken. Weimar war Kriegsschauplatz. 

Wie werden in Weimar diese Ereignisse verarbeitet? Der Wissensraum Militärbibliothek bietet eine Konstellation der Weimarer Klassik: Dazu zählen Buchaufstellungen und Sachgruppen von der Fortifikation über Karten und Kriegsdarstellungen bis zur Literatur im Zeichen einer zwölfstrahligen Sonne des Sammlungsraums. In der Kriegstheorie sind Ideen und Begriffe der Weimarer Klassik präsent: So im Fall von Carl von Clausewitz, der die Erfahrungen des 1. Koalitionskrieges 1793 in den »Laufgräben von Mainz« sammelte und verarbeitete. In seiner Kriegstheorie spielen Bildung, organisches Denken und ›Genien‹ wie Napoleon ebenso eine Rolle wie literarisch und wissenschaftlich geprägte Begriffe und Denkfiguren wie »Polarität«, »Wahlverwandtschaften« und eine Natur, die keine Sprünge macht. Neue Leitbegriffe auf der Suche nach der »Wirklichkeit« treten hinzu. 

Auch Goethe erlebte als Begleiter des Herzogs Karl August den Krieg der Österreicher und Preußen gegen die Franzosen mit. Noch 1814 konstatiert er in Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit: »Gibt doch die Beschaffenheit der Gerichte und der Heere die genauste Einsicht in die Beschaffenheit irgend eines Reichs.« Diese Aussage werden wir mit unserer Tagung auf die Probe stellen und fragen, was aus militärgeschichtlicher, aber auch aus sozial-, kultur-, literatur- und musikhistorischer Perspektive über Weimar und über ›das Reich‹ sichtbar wird, wenn man sich auf die militärischen Aspekte der Lebenswelten konzentriert. 

Tagung 2023: Grüner Wohnen. Pflanzenkulturen um 1800 und um 1900

in Kollaboration mit dem Forschungsverbund Marbach  Weimar  Wolfenbüttel (MWW)

27. - 29. September 2023

Tagungsleitung: Dr. Stefanie Freyer (Weimar), Dr. Christiane Holm (Halle), Prof. Dr. Julia Schmidt-Funke (Leipzig)

ProgrammflyerReisestipendien

Die Interieurs des klassischen und modernen Weimars gelten bis heute als musterbildend für gutes und schönes Wohnen. Ausgeblendet werden dabei ihre – einst durchaus raumbestimmenden – pflanzlichen Einrichtungen und die damit verbundenen ästhetischen, botanischen, (proto-)öko­logischen oder ökonomischen Debatten.

Die Zimmerpflanze ist eine relativ junge Erfindung um 1800. Die Ratgeberliteratur zur Stubengärtnerei formulierte das Konzept einer lebendigen Wohngemeinschaft von menschlichen und nicht-menschlichen Akteuren. Das zeigte sich nicht allein in neuen Wohnpraktiken, sondern inspirierte auch Wissensformate und Darstellungsexperimente in Kunst, Literatur und Musik. Mit der Etablierung und sozialen Öffnung von Gewächshäusern als in sich geschlossenen Klimasystemen kam ein phantasmagorischer Innenraum hinzu. Die zunehmend kontroverse Diskussion um 1900 insbesondere zum Stellenwert kolonialer Pflanzen im Wohnbereich führte keinesfalls zur Verabschiedung des Zimmergrüns, vielmehr erhielt es eine programmatische Aufgabe zur Revitalisierung verbrauchter Formen und Denkfiguren.

Die Tagung widmet sich den materiellen und diskursiven Grünzonen des Wohnens in der Zusammenschau der beiden für die Wohnraumgestaltung folgenreichen Jahrhundertwenden um 1800 und um 1900, indem sie bestandsorientierte und theoriegeleitete Ansätze miteinander ins Gespräch bringt.

Tagung 2023: Konstruktionen des Klassischen in Zentraleuropa: Czernowitz und die Bukowina

19. – 21. April 2023

Tagungsleitung: Prof. Dr. Steffen Höhne, Dr. Reinhard Laube und Prof. Dr. Alice Stašková

Programmflyer

Czernowitz, auf Jiddisch Tschernowitz, auf Hebräisch צֶ׳רנוֹבִיץ, auf Rumänisch Cernăuți, auf Polnisch Czerniowce, auf Russisch Černovtsy, auf Ukrainisch Černivci, war das Zentrum der Bukowina, ein von der habsburgischen Administration im späten 18. Jahrhundert geschaffenes Kronland, ab 1918 Teil Großrumäniens, 1940/44 aufgeteilt in ein nördliches sowjetisches bzw. ukrainisches und ein südliches rumänisches Territorium.

Als Spezifikum von Stadt und Region darf der polykulturelle Charakter (bis ca. 1940) gelten, handelte es sich doch um ein multikonfessionelles, -linguales und -ethnisches (u.a. deutsch, jiddisch, polnisch, ukrainisch, rumänisch, ferner armenisch, romani und russisch) Gebiet mit unterschiedlichen Literatursprachen und Schriften (hebräisch, kyrillisch, lateinisch) und den damit verbundenen transregionalen Kanonisierungen. So stehen im Zentrum des Kanons Paul Celan und Rose Ausländer im Hinblick auf die deutschsprachige Lyrik und Elieser Steinbarg im Hinblick auf die jiddischsprachige Fabeldichtung. Weitere Repräsentanten erreichten den Status von nationalen Heroen, was für den als „rumänischer Goethe“ konnotierten Mihai Eminescu oder für Ol’ha Kobylans’ka als – mit jeweils unterschiedlicher Konnotation – sowjetischer und ukrainischer Nationaldichterin gilt. Entgegen dem Kanonisierungen zugrundeliegenden Einheitsprinzip mit seiner Tendenz zur Kulturalisierung und Naturalisierung literarischer Traditionen war der Knotenpunkt Czernowitz von vielfältigen transnationalen Verflechtungen über sprachliche und literarische Grenzen hinweg geprägt.

Ausgehend von diesen Prämissen sollen Konzepte des Klassischen zum Thema werden, die zum einen auf Kategorien des Vorbildlichen, Mustergültigen, Richtungsweisenden rekurrieren und zum anderen generalisierende und legitimierende Übertragungen als kulturelle Höchstleistungen eines Volkes oder einer Gesellschaft vornehmen. Im Blick auf die Literaturen der Bukowina sollen auch kulturelle, politische und ökonomische Prozesse der Konstruktion des Klassischen ermittelt werden. Dies betrifft die Ebene der jeweiligen literaturpolitischen Produktion, aber auch die der Rezeption im Spannungsfeld von nationalphilologischer Schließung und weltliterarischer Öffnung. Das „Klassikproblem“ (Voßkamp) als dialektische Spannung zwischen normativem Idealitätsanspruch und exemplarischer Geschichtlichkeit ist somit um die Dimensionen rivalisierender kultureller Erinnerungen und Netzwerkbildungen sowie die Funktionen des Klassischen in einer multiethnischen und vielsprachigen Region zu erweitern.

Tagung 2020: Konstruktionen des Klassischen. Weimarer und Wiener Klassik im Vergleich

Aktuelle Information:

Die für März 2020 geplante Tagung musste aufgrund der pandemiebedingten Einschränkungen bedauerlicherweise ersatzlos entfallen.

Tagungsleitung: Prof. Dr. Thorsten Valk, Prof. Dr. Melanie Wald-Fuhrmann

Programmflyer

Vom 26. bis zum 28. März 2020 richtet das Zentrum für Klassikforschung eine Tagung zum Thema „Konstruktionen des Klassischen. Weimarer und Wiener Klassik im Vergleich“ aus.

Im Jahr 2020 jährt sich der Geburtstag Ludwig van Beethovens zum 250. Mal. Anlässlich dieses Jubiläums widmet das Zentrum für Klassikforschung seine diesjährige Tagung einem Vergleich zwischen Weimarer und Wiener Klassik: Inwiefern lassen sich diese beiden Epochenkonstrukte auf gleichartige Begründungszusammenhänge zurückführen? Und inwiefern bildeten sie das ideelle Rückgrat der Literatur- und Musikgeschichtsschreibung im 19. Jahrhundert? Geben sich bereits im Epochenmodell der Weimarer Klassik zahlreiche Konstruktivismen zu erkennen, die von ästhetischen Prämissen über ethische Postulate bis zu nationalkulturellen Souveränitätsansprüchen reichen, so wird die Idee einer Wiener Klassik, die bereits auf das erfolgreiche Sprechen von einer Weimarer Klassik reagierte, in noch stärkerem Maße von solchen Setzungen bestimmt.

Neben der Genese beider Epochenkonstrukte beleuchtet die Tagung vor allem deren Rezeption im 19. und 20. Jahrhundert. Ein exemplarischer Blick nach Frankreich führt dabei vor Augen, mit welchen Modifikationen und Einschränkungen man jenseits des deutschen Sprachraums die beiden Epochenmodelle adaptierte, zumal aus internationaler Perspektive ‚Klassiker‘ wie Goethe und Beethoven stets der Romantik zugerechnet wurden. Zur spezifischen Erfolgsgeschichte von Weimarer und Wiener Klassik gehört, dass sie bis heute kulturelle und soziale Distinktionsgewinne garantieren. Es stellt sich daher die Frage, für welche Personengruppen und Institutionen die Fortschreibung der tradierten Epochenkonstrukte von Vorteil war und wie sich das anhaltende Prestige beider Klassiken in der Massenkultur unserer Tage manifestiert.

Die Konferenzsprache ist Deutsch.

Zur Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses schreibt die Klassik Stiftung Weimar anlässlich der Jahrestagung des Zentrums für Klassikforschung zehn Reisestipendien aus. Die Höhe eines Stipendiums beläuft sich auf maximal 500 Euro für Reise- und Übernachtungskosten. Bewerben können sich Doktorandinnen/Doktoranden und Postdoktorandinnen/Postdoktoranden mit einem nachweislichen Forschungsinteresse im Umfeld des Tagungsthemas. Interessierte werden eingeladen, ihre Bewerbungsunterlagen (Lebenslauf, Examens- oder Promotionszeugnis in Kopie sowie ein etwa einseitiges Motivationsschreiben) bis zum 28. Februar 2020 in postalischer oder elektronischer Form an die unten angegebene Kontaktadresse zu senden.

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Tagung 2018: Konzepte des Klassischen in ostasiatischen Kulturen

Tagungsleitung: Prof. Dr. Andrea Albrecht, Prof. Dr. Thorsten Valk, Prof. Dr. Wilhelm Voßkamp

Programmflyer

Die Tagung des Zentrums für Klassikforschung widmet sich der Frage, inwiefern kulturelle Phänomene, die man in Europa seit der Antike unter dem Begriff des „Klassischen“ gebündelt hat, auch in ostasiatischen Kulturen zu beobachten sind.

In China etablierte sich der Begriff des „Klassischen“ während des 17. und 18. Jahrhunderts, als jesuitische Missionare konfuzianische wie neokonfuzianische Texte ins Lateinische zu übersetzen begannen und in diesem Zusammenhang von ‚klassischen‘ Texten sprachen. Der Begriff des ‚Klassischen‘ bürgerte sich zunächst als Transferterminus ein, wurde aber spätestens ab dem 19. Jahrhundert zunehmend auch im Rahmen kultureller Selbstbeschreibungen von asiatischen Autoren aufgegriffen.

Vier Aspekte stehen im Zentrum der Tagung: Zunächst wird der Begriff des ‚Klassischen‘ unter kulturkomparatistischen Fragestellungen erörtert und hinsichtlich seiner Übertragbarkeit auf die ostasiatische Kulturgeschichte reflektiert. Sodann rückt das komplexe Verhältnis von Klassizität und Kanonizität vor dem Hintergrund kultureller Überlieferungsprozesse in den Mittelpunkt. Ein besonderes Augenmerk gilt ferner dem Klassischen als einer Kategorie der ostasiatischen Kunst- und Literaturgeschichtsschreibung seit dem ausgehenden 19. Jahrhundert. Die abschließenden Vorträge beleuchten den aktuellen Stellenwert des Klassischen in den kultur- und gesellschaftspolitischen Debatten Ostasiens.

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Tagung 2016: Der ‚andere Klassiker‘. Johann Gottfried Herder und die Weimarer Konstellation um 1800

Tagungsleitung: Prof. Dr. Hans Adler, Dr. Gesa von Essen, Prof. Dr. Werner Frick

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Johann Gottfried Herders Stellung zum Gesamtphänomen der sogenannten Weimarer Klassik war schon zu Lebzeiten uneindeutig und wartet im Grunde bis heute auf ihre genauere Bestimmung. Die Jahrestagung 2016 des Zentrums für Klassikforschung setzt sich das Ziel, nach dem spezifischen Ort, dem originären Profil und der singulären Leistung dieses ‚anderen‘ Klassikers in der Weimarer Konstellation um 1800 zu fragen. Dabei soll es weniger darum gehen, Herder unter einen wesentlich durch Goethe und Schiller geprägten Begriff von ‚Klassik‘ zu subsumieren. Vielmehr soll der Klassik-Begriff selbst so modelliert und geöffnet werden, dass Autoren und Denker wie Herder von der problematischen Peripherie ins Zentrum der Aufmerksamkeit rücken und die komplexe ideengeschichtliche Gemengelage zwischen Spätaufklärung, Sturm und Drang, Klassik und Romantik sich in neuen Perspektiven und Kontextualisierungen erschließt. Im Blick auf repräsentative Tätigkeitsfelder des Weimarer Generalsuperintendenten leistet die Tagung einen Beitrag zu dieser überfälligen Re-Evaluation Herders im intellektuellen Kräftefeld der Epoche. Fallstudien aus Literaturwissenschaft, Theologie, Philosophie, Pädagogik, Kunst- und Ideengeschichte beleuchten das facettenreiche Spektrum von Herders Wirken in Weimar. Darüber hinaus lassen „exempla classica“ Herders prägende Kraft für den „genius loci“ des Memorialortes Weimar anschaulich hervortreten.

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Tagung 2015: ordo inversus - Formen und Funktionen einer Denkfigur um 1800

Tagungsleitung: Prof. Dr. Andrea Albrecht, Dr. Franziska Bomski, Prof. Dr. Lutz Danneberg

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Im Mittelpunkt der Tagung steht die Denkfigur des ordo inversus um 1800. Garantierte diese seit der Antike in den verschiedensten Disziplinen vor allem epistemische Sicherheit, so lässt sich mit Beginn der ‚Moderne‘ ein Funktionswandel beobachten, der mit modifizierten Formen der Denkfigur einhergeht. Diese Veränderungen sollen in ihrem historischen Kontext nachgezeichnet und analysiert werden.

Der ordo inversus meint dabei eine zirkuläre Bewegung des Ausgehens von einem Anfangs- zu einem Endpunkt, der durch ein Zurückkehren wieder mit dem Ausgangspunkt verbunden wird. Historisch findet sich die Bezeichnung ordo inversus für diese Bewegung eher selten, häufiger wird sie durch Begriffspaare benannt, die ihre beiden Teilbewegungen benennen, etwa fluxus (efluxus) / refluxus, exitus / reditus, progressio / regressio, ascensio / descensio oder analysis / synthesis, resolutio / compositio.

Als Methodenkonzept spielt der ordo inversus von der Antike über das Mittelalter und die Frühe Neuzeit bis weit ins 18. Jahrhundert hinein eine zentrale Rolle in den verschiedensten Wissensbereichen und Disziplinen (Theologie, Logik, Naturphilosophie und Hermeneutik) und eignet sich daher besonders für eine vergleichende Zusammenschau. Doch auch der Verlust seiner Plausibilität im 18. Jahrhundert provoziert eine Reihe von Restitutionsversuchen, die sich auf vielfältige Weise nicht nur in der Naturphilosophie und Hermeneutik, sondern auch in Kunst, Literatur, und Ästhetik niederschlagen.

Die komparative, interdisziplinäre und historische Betrachtung dieser Prozesse soll im Zentrum der Tagung stehen. Ein wesentliches Ziel besteht dabei darin, das derzeit vor allem einzeldisziplinär behandelte Phänomen des ordo inversus in seinen grundlegenden, verschiedene Wissensbereiche und Disziplinen gleichermaßen durchgreifenden Formen und Funktionen sichtbar zu machen und auf diese Weise einen disziplinenübergreifenden Einblick in den historischen Wandel im Übergang zur ‚Moderne‛ zu liefern. Dabei sollen insbesondere Antike, Mittelalter und Frühe Neuzeit als ideengeschichtlich relevante Traditionen für die Verhandlung des Konzepts im späten 18. Jahrhundert und frühen 19. Jahrhundert deutlich gemacht werden.

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Tagung 2014: Genealogien der Natur und des Geistes

Tagungsleitung: Franziska Bomski und Prof. Dr. Jürgen Stolzenberg

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Die Jahrestagung des Zentrums für Klassikforschung richtet den Blick auf einen zentralen Problemkomplex der Wissenschafts- und Kulturgeschichte der Moderne: die Virulenz und zunehmende Bedeutung genealogischen Denkens in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts. Genealogisches Denken formiert sich zuerst in den Naturwissenschaften. Es greift sodann auf die Philosophie sowie die Kunst und die Literatur über und prägt sich in Form von Entwicklungsgedanken und den idealistischen Konzepten einer Geschichte des Bewusstseins aus.

Den Ausgangspunkt für die Untersuchung dieses ideengeschichtlichen Zusammenhangs bildet folgende These, die in der Tagung auf ihre Tragfähigkeit hin zu überprüfen sein wird: Das innovative aufklärerische wissenschaftstheoretische Projekt einer Geschichte der Natur wird zunächst von der zeitgenössischen Theorie des Geistes aufgenommen (etwa Étienne Bonnot de Condillac: Traité des sensations, 1754). Das neue genealogische Denken wird sodann für die gesamte klassische deutsche Philosophie nach Kant (Fichte, Schelling, Hegel) zu einem systemkonstitutiven Modell in Gestalt einer Geschichte des Bewusstseins. Dieser These folgend, stellt sich die Frage, inwieweit ästhetische und poetologische Konzepte um 1800 stärker als bislang angenommen neben der Philosophie des nachkantischen Idealismus auch von genetischen Modellen und Methoden der Naturforschung inspiriert sind bzw. inwieweit die Naturforschung ihrerseits Anregungen für die Ausbildung genealogischen Denkens aus der Philosophie und den Künsten erfahren hat.

Die Tagung gliedert sich den Untersuchungsbereichen entsprechend in drei Sektionen: Die erste Sektion untersucht Bedingungen, Folgen und Ausmaß des Umbruchs in der Theorie naturwissenschaftlicher Forschung in der Mitte des 18. Jahrhunderts. Im Zentrum steht hier in wissenschaftshistorischer und wissenschaftshistoriographischer Hinsicht die Diskussion einer These von Wolf Lepenies: Lepenies beobachtet im 18. Jahrhundert das „Ende der Naturgeschichte“ und den Übergang von einer klassifikatorischen zu einer historisch-genealogischen Konzeptualisierung der Natur. Die zweite Sektion widmet sich dem Thema aus philosophiegeschichtlicher Perspektive. Gefragt wird hier zum einen nach genealogischen Modellen in der Theorie des Geistes im entsprechenden Zeitraum, zum anderen auch nach Beziehungen zwischen genealogischen Denkfiguren in Naturbeschreibung und Subjektphilosophie. Die dritte Sektion beleuchtet die Bedeutung von Entwicklungsgeschichten in Kunst und Literatur um 1800, die genealogische Modelle aus zeitgenössischer Naturforschung und Philosophie aufgreifen und auf eine spezifisch ästhetische Weise darstellen.

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Tagung 2013: Die Rede vom Klassischen im 20. Jahrhundert

Tagungsleitung: Dr. Martin Dönike, Prof. Dr. Michael Gamper, PD Dr. Thorsten Valk

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Die Jahrestagung des Zentrums für Klassikforschung richtet den Blick auf Konzepte und Rhetoriken des Klassischen, die während des 20. Jahrhunderts in ästhetischen Programmen und wissenschaftlichen Diskursen entfaltet wurden. Im Mittelpunkt steht dabei die Frage nach Anlässen, Motiven und Funktionen der Rede vom Klassischen.

Die erste Tagungssektion widmet sich wissenschaftlichen Konzeptualisierungen des Klassischen in der Literatur- und Kunstgeschichtsschreibung. Ein besonderes Interesse gilt hierbei der 1930 von Werner Jaeger in Naumburg ausgerichteten Tagung „Das Problem des Klassischen und die Antike“ sowie der Kategorisierung des Klassischen in Heinrich Wölfflins kunsthistorischen Arbeiten. Zudem werden germanistische Klassikkonzepte von Fritz Strich und Hermann August Korff sowie der Epochenbegriff der Klassischen Moderne beleuchtet. Die zweite Sektion rekonstruiert das Klassische als Leitbegriff unterschiedlicher ästhetischer Programme in Philosophie, Musik und Literatur. Im Zentrum stehen neben dem Philosophen Hans-Georg Gadamer auch Künstler wie Ferruccio Busoni und Thomas Stearns Eliot. Deren Äußerungen demonstrieren, dass die Rede vom Klassischen während des 20. Jahrhunderts keineswegs nur im deutschsprachigen, sondern auch im internationalen Kontext stets virulent geblieben ist. Die dritte Sektion konzentriert sich schließlich auf die Frage, wie der Begriff des Klassischen im 20. Jahrhundert eingesetzt wurde, um wissenschaftliche oder kulturelle Strömungen im Dienste einer bestimmten Agenda zu etikettieren – etwa in der Architektur, in der Physik, in der Ökonomie oder auch im Sport.

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Tagung 2012: Die Farben der Klassik

Tagungsleitung: Dr. Martin Dönike, Prof. Dr. Jutta Müller-Tamm, Prof. Dr. Bénédicte Savoy, Prof. Dr. Friedrich Steinle

Programmflyer

Die wirkungsmächtigste Bestimmung der Klassik und zugleich ein zentrales Element des Klassizismus liegen in der Orientierung auf Form und Gestalt. Farbe scheint in diesem Zusammenhang nur eine untergeordnete Rolle zu spielen, in klassizistischen Programmen wird sie mitunter auch als Opposition zum Ideal reiner Marmorweiße abgelehnt. Diesen Positionen stehen zwei signifikante Beobachtungen gegenüber: Einerseits wandelt sich um 1800 das Bild der Antike gerade im Hinblick auf chromatische Fragen, andererseits affizieren Transformationen von Farbwissen und Farbauffassung die künstlerische Praxis und die Lebenswelt in vielfältiger Weise. Die epochemachenden Ausgrabungen von Wandmalereien in Herculaneum und Pompeji fördern eine leuchtend bunte Antike zutage, die eine Herausforderung sowohl für die klassizistische Kunsttheorie als auch für die zeitgenössische Malerei, Skulptur, Architektur und Gebrauchskunst darstellt. Mit Goethes Farbenlehre wiederum liegt ein besonders spektakulärer von mehreren zeitgleichen Versuchen vor, physikalische, physiologische, chemische und ästhetische Aspekte der Farbforschung in einen umfassenden Entwurf zu integrieren. Um 1800 ist Farbe mithin ein höchst virulentes Thema, das in der Interaktion unterschiedlichster Wissensgebiete und Praxisfelder verhandelt wird. Allen gemeinsam ist die Farbensprache, deren Gebrauch in Philologie und Philosophie reflektiert und deren Kodifizierung von Theoretikern und Praktikern der Zeit versucht wird.

Die Jahrestagung möchte die vielfältige Bedeutung der Farbe als Material und Diskurselement, als ästhetischen Wert und wissenschaftlichen Gegenstand für den Klassizismus um 1800 in den Blick nehmen. Ziel ist es, den Reichtum und die sinnliche Vitalität eines ‚bunten‘ Klassizismus wieder erkennbar werden zu lassen.

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Tagung 2011: Konstellationen der Künste um 1800

Tagungsleitung: Prof. Dr.  Albert Meier, PD Dr. Thorsten Valk

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Die Frage nach den spezifischen Differenzen der verschiedenen Kunstgattungen bildet ein zentrales Problemfeld in der ästhetischen Theorie und künstlerischen Praxis um 1800. Während Charles Batteux ein halbes Jahrhundert zuvor noch umstandslos die Verwandtschaft und analoge Verfahrensweise aller „schönen Künste“ behaupten kann, etabliert sich spätestens mit Lessings „Laokoon“die Differenzierung zwischen wortgebundenen und bildhaften Ausdrucksformen, mithin zwischen zeitlich und räumlich bestimmten Darstellungsmodi. Mit der um 1800 aufkommenden Autonomieästhetik beschleunigt sich das Auseinanderrücken der Künste, die nun nicht länger als konkurrierende Formen der Wirklichkeitsnachahmung, sondern als autarke und selbstbezügliche Zeichensysteme verstanden werden. Freilich führen die gattungsästhetischen Auseinandersetzungen um 1800 nicht nur zu einer klärenden Abgrenzung der verschiedenen Künste, sondern sensibilisieren zugleich auch für die Möglichkeiten wechselseitiger Kombination und Transformation. In der kunsttheoretischen Reflexion des Verhältnisses zwischen Literatur, Bildkunst und Musik liegt der Keim zur erneuten Grenzüberschreitung begründet.

Die Jahrestagung des Zentrums für Klassikforschung beleuchtet die vielfältigen Konstellationen der Künste um 1800. Sie fragt nicht nur nach den Interferenzen zwischen diskursiver Standortbestimmung und künstlerischer Praxis, sondern erkundet auch die gattungsästhetischen Grenzüberschreitungen durch Kombination oder Transformation literarischer, bildkünstlerischer und musikalischer Gestaltungselemente. Die Beiträge in der Sektion „Exempla classica“ vergegenwärtigen die Theoriebildungen und künstlerischen Praktiken um 1800 anhand paradigmatischer Werke aus den Sammlungsbeständen der Klassik Stiftung Weimar.

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Tagung 2010: Heikle Balancen – Die Weimarer Klassik im Prozess der Moderne

Tagungsleitung: PD Dr. Thorsten Valk, Dr. Jonas Maatsch

Programmflyer

In der literaturwissenschaftlichen und kunsthistorischen Forschung wird die Weimarer Klassik zunehmend als Formierungsphase der ästhetischen Moderne begriffen. Und in der Tat lassen sich die um 1800 in Weimar entstandenen Werke als diskursive Auseinandersetzungen mit einer als krisenhaft erfahrenen Moderne verstehen: Sie reflektieren den Legitimationsverlust traditioneller Gesellschaftsordnungen im Kontext der Französischen Revolution, reagieren auf den irreversiblen Zerfall ständisch geprägter Lebensformen im Gefolge der Industrialisierung und antworten auf die zunehmende Differenzierung des Wissens und der Arbeit.

Die Weimarer Klassik begegnet den gesellschaftlichen und kulturellen Umwälzungen um 1800 mit einer ästhetischen Bewältigungsstrategie. Diese ist von dem Bemühen gekennzeichnet, Balancen zwischen jenen Gegensätzen herzustellen, die im Zuge des Modernisierungsprozesses immer entschiedener hervortreten: Sie sucht nach Vermittlungen zwischen Rationalität und Emotionalität, Vernunft und Sinnlichkeit, Idealität und Realität, Natur und Kunst, Antikem und Modernem. Da diese Vermittlungen zwangsläufig heikel bleiben, treibt das fortgesetzte Streben nach Ausgleich zu immer neuen künstlerischen wie philosophischen Versuchsanordnungen, aus denen schließlich jene Werke hervorgehen, die das Prädikat des „Klassischen“ gerechtfertigt erscheinen lassen.

In interdisziplinären Dialogen reflektiert die erste Jahrestagung des Zentrums für Klassikforschung das zwischen Normativität und Historizität changierende Kunstverständnis der Weimarer Klassik, ihre spezifisch modernen Antikenbezüge sowie die morphologische Naturauffassung Goethes. Ästhetische Theoriebildung und materielle Überlieferung werden in „wiederholten Spiegelungen“ aufeinander bezogen.

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Kontakt

Vorhaben der Klassik Stiftung Weimar werden gefördert durch den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) und den Freistaat Thüringen, vertreten durch die Staatskanzlei Thüringen, Abteilung Kultur und Kunst.