Werkzeuge für die Handschriftenrestaurierung

Europäischer Tag der Restaurierung

Am Sonntag, den 19. Oktober 2025, geben Restaurator*innen exklusive Einblicke in ihre Arbeitsplätze. Zum 8. Europäischen Tag der Restaurierung können Sie in ganz Europa in Museen, Ateliers und auf den Baustellen Fallbeispiele aktueller Konservierungs- und Restaurierungsprojekte kennenlernen.

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Über die Abteilungen

Die Arbeitsfelder der Restaurator*innen aus der Abteilung Konservierung, Restaurierung und Kunsttechnologie der Direktion Museen reichen weit über die Bestandsbetreuung und Pflege historischer Kulturgüter aus den Sammlungsbeständen der Klassik Stiftung Weimar hinaus. Sie leiten federführend die komplexen Vorgänge zur Erforschung und Erhaltung sowie Präsentation und Vermittlung der Exponate. Zudem erstreckt sich ihr Tätigkeitsbereich auf den (inter-) nationalen Leihverkehr und das Erstellen von Restaurierungskonzepten mit einer daran anschließenden, praktischen Umsetzung am Objekt.

In den Museen der Klassik Stiftung Weimar werden sechs Fachbereiche – Gemälde, Graphik, Kunstgewerbe, Möbel, Textil und Leder sowie Präventive Konservierung – durch entsprechende Fachrestaurator*innen und projektbezogene Beschäftigte betreut. In der Herzogin Anna Amalia Bibliothek ist das Referat Bestandserhaltung für die Konservierung und Restaurierung der Buchbestände zuständig. Das Maßnahmenspektrum beinhaltet in erster Linie präventive und konservatorisch-stabilisierende Erhaltungsmaßnahmen und wird in begründeten Fällen durch restauratorische und buchbinderische Methoden ergänzt.

Detailaufnahme: Analyse eines Wandbehangs
Detailaufnahme: Analyse eines Wandbehangs

Videos zum Thema

Firnisabnahme Bergkette mit Mond

Restaurierungsmaßnahmen an der Bergkette mit Mond

Die Restaurierung von Anton von Marons Winckelmann-Porträt

Die Rettung der Weimarer Aschebücher

Leseversion zu den Videos

Die Restaurierung von Anton von Marons Winckelmann-Porträt

Die diesjährige Winkelmann-Ausstellung war der Anlass, dass wir das Winkelmann-Porträt, das sich im Besitz der Klassik Stiftung Weimar befindet, jetzt einer umfänglichen Restaurierung unterzogen haben. Diese Restaurierung bot jetzt gleichzeitig die Möglichkeit, sich die Replik des Gemäldes, die sich in Dessau befindet, ebenfalls anzuschauen und beide Gemälde miteinander zu vergleichen. [Musik] 

Die für den Betrachter visuell erfahrbarste Maßnahme, die diese Rettung inbegriffen hatte, ist sicherlich die Firnisabnahme. Denn das Gemälde hatte einen sehr dicken, alten, vergilbten Firnis, der dieses Gemälde komplett in einen Gelbton getaucht hat und die Farbwahrnehmung total verändert hat.

Auf dem Foto kann man das sehr schön erkennen, weil auf der einen Seite der Firnis noch sehr gelb ist und auf der anderen Seite ist er ab. Man sieht es sehr schön an dem Rotton: Der ist auf der einen Seite noch sehr gelb, sehr orange und sehr warm. Während dort, wo der Firnis fehlt, ist er plötzlich fast pinkfarben und viel kühler.

Was mich aber sehr verblüfft hat, war, dass optisch die beiden Bilder doch sehr ähnlich sind. Aber dass der Bildaufbau letztendlich dann doch so unterschiedlich ist und auf der einen Seite erarbeitet und auf der anderen Seite so effektiv noch mal wiederholt, frei und locker, das hat mich dann doch sehr überrascht.

 

Die Rettung der Weimarer Aschebücher

[Klavierauftakt] 

Kistenweise warten im Innovationszentrum Weimer Legefeld brandgeschädigte Schriften auf ihre Restaurierung. Darunter handgeschriebene Noten aus der Musikaliensammlung der Herzogin Anna Amalia: alles Unikate. Auch solche einbandlosen Bücherseiten waren Opfer des verherenden Bibliotheksbrandes 2004 in Weimar. Je schneller die Gefriertrocknung im Zentrum für Bucherhaltung erfolgte, desto besser. 

Bisher zählten solche Buchbrikets zu den Totalschäden. Sie zerfielen allzu leicht mit jedem neuen Trocknungsprozess beim Restaurieren zu Asche und Staub, doch so schnell wollte Diplomrestaurator Günther Müller nicht aufgeben. Für ihn stand beim Sichten fest: ein Großteil der Notenhandschriften, die im Kern erhalten sind, kann gerettet werden. Nach gründlicher Bestandsaufnahme will man 8.000 der besonders wertvollen Weimerer Aschebücher für die Nachwelt bewahren wie diese Weltgechichte von 1789, doch für solche Massenschäden musste ein völlig neues Verfahren her.

Günther Müller entwickelte diese Kompressionskassetten. Sie bilden mit ihren Stützgittern den Kern der neuen Restaurierungstechnologie. Abwechselnd werden Polyesterfließe als Filter zwischen die Lagen gelegt. Mit dieser inzwischen zum Patent angemeldeten Erfindung ist es erstmals möglich, den gesamten Restaurierungsvorgang in einem Durchgang durchzuführen ohne die sonst nötigen Zwischentrocknungen. Bis zu zwölf Stunden können gleich mehrere Bücher im modifizierten Wasser gespült werden, um Brandrückstände, Schuttreste und Säuren auszuwaschen. Dabei neutralisiert sich auch der pH-Wert. Zurück bleibt diese schmutzige Brühe. Nun wird es spannend: unsere gereinigte Weltgeschichte kommt zum Vorschein. 

Zu ihrer nachfolgenden Behandlung wurden mit einer Thüringer Firma noch weitere innovative Geräte entwickelt. In diesem Anfaserungsgerät werden die historischen Seiten ein letztes Mal von Schmutzpartikeln befreit. [Wasserplätschern]

Per Knopfdruck füllt Faserbrei alle ausgebrannten Stellen bis zur normalen Buchformatgröße wieder auf und schwups werden die Seiten von einem Luftzug angesaugt und gegelettet. Um den geschwächten Papierlagen dauerhaft Stabilität zu verleihen, legt sie Günther Müller auf das Absauggerät: Blatt für Blatt, hauchdünnes Japanpapier darauf. Sorgsam wird Biopolymerstabilisator aufgetragen. Der legt sich wie eine schützende Haut mittels Unterdruck auf die angefaserten Blätter und gibt ihnen Halt: noch viele Male die gleichen standardisierten Handgriffe. 

[Klaviermusik] 

Inzwischen sind auch alle noch zu rettenden Lagen unseres Buchblogs beisammen.

Nach einer Nacht des Pressens und Trocknens werden wir nun Zeuge, wie aus einem Aschebuch ein neues altes Buch entsteht. 

Einiges ist wieder Papier geblieben, das ist entscheidend. So, sehr schön gelungen. Sieht man sehr schön hier die Wasserzeichenstrucktur und Rückungen des Papiers hier in diesem Bereich. Es gibt ein organischen Übergang von alt zu neu. Das ist also wichtig, dass die Stabilität auch gewehrleistet ist.

[Klaviermusik] 

Der Buchblog erhält nach dem Heften noch einen Konservierungseinband und kann im Sonderlesesaal studiert werden. 

Die Bücher werden nach der Restaurierung digitalisiert und ins Netz gestellt. Bücher ohne Titelblätter können dann von der Forschergemeinde identifiziert werden und wir hoffen, dass die fehlenden Seiten von anderen Bibliotheken mit Digitalisaten ergänzt werden. 

Ortswechsel: Sonderlesesaal der Herzogin Anna Amalia Bibliothek Weimar. 

Hier ist dann deutlich zu sehen, dass ein Stück eins das Titelblatt fehlt in den weiteren aber noch vorhanden ist. 

Bei der Wiederherstellung der Weimarer Aschebücher bleiben die Spuren des Brandes bewusst sichtbar.

[Klavierauftakt] Am verblüffendsten: handschriftliche Anmerkungen also Marginalien lassen sich nach der Restaurierung sogar noch besser lesen wie bei diesem hebräischen Druck. 

[Klaviermusik]

So warten gewiss noch viele Überraschungen in den Tausenden von Bücherkisten. 

[Klavier und Streicher]

#kulTÜRöffner | Restaurierungswerkstatt im Weimarer Stadtschloss

Leseversion zum Video

#kulTÜRöffner | Restaurierungswerkstatt im Weimarer Stadtschloss

Jetzt kommen hier Passanten, wir müssen uns beeilen. [lachen] Die müssen wir erstmal kurz noch vorbeilassen. Guten Morgen. 

Hallo, guten Morgen.

Jetzt gehen wir wieder zurück zum Anfangsmotiv, was wir uns überlegt hatten. Da sind auch schon die ersten Leute dabei. Einen schönen guten Morgen, schönen Sonntag. Es ist es richtig kalt, aber wir nehmen euch gleich mit nach drinnen. 25 Leute schauen zu. Ich glaube, es lohnt sich zu starten. 

Also schönen guten Morgen, einen schönen Sonntag und noch alles, alles Gute für das neue Jahr 2022. Es ist immer noch Zeit, das zu wünschen und wir sind heute zur ersten #kulTÜRöffner-Folge in diesem Jahr hier wieder in Weimar unterwegs, hinter den Türen der Klassik Stiftung Weimar. 

Das Motiv kennt ihr vielleicht schon aus einem Video und zwar aus den Dichterzimmern, so ein bisschen was wird sich heute nicht wiederholen, sondern von einer anderen Perspektive zeigen. Wir freuen uns, euch das gleich zeigen zu können. Wie immer, sagt gerne Bescheid, von wo aus ihr zuschaut: Schwabenland, Kiel habe ich schon gelesen. Und wie immer dürft ihr natürlich auch eure Fragen stellen. Guten Morgen.

Wir sind heute an einem ganz spannenden Ort, wo sich auch Fragen lohnen, der ist normalerweise nicht zugänglich. Ich versuche, wenn ich die Kamera habe, euch auch zu zeigen, dass da Leute wirklich arbeiten. Es gibt ein paar witzige Details, woran man sieht, dass es kein repräsentativer Ort ist, sondern es ist so eine Werkstatt. Genau dann legen wir los. 

Wir gehen jetzt hier rein. Wir öffnen die erste Tür, die sonst verschlossen ist, weil es eben hier in einen Arbeitsort der Klassik Stiftung Weimar geht und zwar in die Restaurierungswerkstatt der Grafiken. Hier werden Grafiken restauriert und was es damit auf sich hat und was da so für Schritte notwendig sind, das zeigen wir euch heute wieder nicht allein, sondern mit auch Kollegen der Klassik Stiftung Weimar, die kommen dann aber gleich dazu. 

Ihr seht schon hier: „Röntgen kein Zutritt für Unbefugte“. Hier in dieser sehr modernen Werkstatt finden Prozesse statt, die unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfinden müssen, weil sie vielleicht auch gefährlich sind und nur Leute machen, die dafür ausgebildet sind. 

Apropos modern von wann ist denn diese Werkstatt? 

Diese Werkstatt ist schon von 1954. Wir sind jetzt hier in einem Zwischengeschoss im Schloss und unter und zwar früher der Marstall. Das heißt, hier wurden die Pferde aufbewahrt. Als Maria Pawlowna hier in dieses Schloss eingezogen ist, hat man das auch als Wohnort genutzt, hat noch so ein Zwischengeschoss reingezogen und hier ist eben jetzt diese Restaurierungswerkstatt für Grafiken.

Ich zeige euch einen ersten Raum. Jetzt seht ihr hier schon, dass das ganze wirklich Werkstattcharakter hat. Das ist die sogenannte Passepartout-Werkstatt und das Materiallager. Hier werden Passepartouts zugeschnitten. Das kennt ihr vielleicht, wenn ihr selber Bilder zu Hause habt. Passepartout ist sozusagen das Zuschneiden oder dieser Zuschnitt, hinter dem dann zum Beispiel Grafiken, Bilder aufbewahrt werden. Das dient zum einen, wenn wir uns das heute angucken, häufig eher der Dekoration. In der Restaurierung dient es aber vor allem auch zum Schutz der Grafiken. Werden wir dann auch gleich noch sehen. Hier werden dafür verschiedene Papiere aufbewahrt. Ihr seht auch diese Rollen, die genutzt werden, um Dinge also wirklich zu schützen, damit das Ganze möglichst lange aufbewahrt wird und gezeigt werden kann. 

Das Besondere in diesem Raum ist, dass es hier gleich eine doppelte Tür nochmal gibt, die wir euch zeigen wollen. Wenn ihr euch das Dichterzimmer-Video noch mal anguckt, da hat die Christen damals gesagt, hier gibt's immer noch lauter so Türen, die inzwischen Geschosse führen. Jetzt sind wir sozusagen auf der anderen Seite dieser Tür und ihr seht hier, dass die sogar noch doppelt gesichert ist. Wenn man dann hier diese Tür aufmacht von der Passepartout-Werkstatt, kommt man hier in dieses historische Schiller-Treppenhaus, durch das wir auch schon mal gegangen sind im Video. Man kommt dann hier oben in die sogenannten Dichterzimmer. Also, hier nochmal eine Tür, die geöffnet wird, die ist natürlich sonst nicht offen. Die Restauratoren, die Restauratorinnen, müssen hier nicht lang, aber ein kleines Detail, um zu zeigen, dass wir noch einiges zu öffnen haben. 

Jetzt übernehme ich hier die Kamera und es geht direkt weiter. Wir haben einen Experten heute eingeladen, das ist der Uwe, den seht ihr hier. Hallo Uwe. 

Hallo Kirsten, hallo Felix. Das ist ja schön euch hier zu sehen. 

Hallo, ja, wir freuen uns, dass wir hier sein dürfen. Der Uwe hat einen ganz interessanten Beruf. Was bist du denn von Beruf aus? 

Ich bin Papier-Restaurator, genaugenommen Grafikrestaurator. Also zuständig für alles, was gezeichnet oder gemalt auf Papier ist. 

Da haben wir etwas Tolles heute rausgesucht, was wir zeigen können, was gezeichnet wurde vor ganz schön langer Zeit und zwar von Goethe selbst. Ja, da Goethe ja lange in Weimar gelebt hat, haben wir auch sehr viel von Goethe selbst und wir haben derzeit gerade hier in der Werkstatt zwei Zeichnungen von Johann Wolfgang von Goethe. 

Lass uns da doch mal draufschauen, wie sowas aussieht. Das passt auch noch mal ganz gut zum letzten Video aus dem Dezember, denn dort waren wir in der graphischen Sammlung und haben auch Sachen von Goethe gesehen, aber sozusagen im besten Zustand und zu euch kommt das ja eher, wenn damit was getan werden muss. 

Das ist richtig. Papier ist halt sehr flüchtig, genauso wie die Stoffe, die auf Papier sind und diese Flüchtigkeit, die zeigt sich dann halt. Also, hier sieht man zum Beispiel... Ihr wollt ja erstmal die Zeichnungen sehen. Da ist eine Zeichnung. Die hat Herr Goethe dem Herrn Genast gewidmet mit einem netten Spruch. 

Kannst du den Spruch erkennen? Kannst du den mal vorlesen. Ich weiß nicht, ob wir so nah drankommen, dass man es sieht. 

"Zur Erinnerung trüber Tage voller Bemühen, voller Plage, Goethe" 

Also passt auch ein bisschen zum Wetter heute. Das spannende an einer solchen Zeichnung ist aus einer Restauratoren-Sicht, vielleicht auch, woraus die gemacht sind. Womit hat er das denn gezeichnet diese Landschaft? 

Naja die eigentliche Zeichnung hier, das ist wirklich was ganz Spannendes. Diese Zeichnung, die ist mit der Tinte des Tintenfischs gezeichnet worden: mit Sepia, wie man sagt, eine braune Tinte, die ausschließlich aus diesem Tintenfisch gewonnen wurde. Da hat ihr eine tolle Idee oder Überlegung gehabt, wie man diesen Tintenfisch eigentlich in Beziehung dazu setzen kann, wo der Goethe das gemalt hat. Ganz genau, man sieht es ja schon am Motiv. Wir sind hier irgendwo in Mittelitalien und wenn man sich einfach mal überlegt, dass der Herr Goethe in Karlsbad aufbricht, um schließlich sogar in Sizilien anzukommen, dann ist klar, dass er auf diesem Weg irgendwie immer mal eine neue Tinte kaufen musste, denn er hatte geschrieben und gezeichnet und seine Freunde haben geschrieben und gezeichnet. Diese Tinten sind sehr regionale Produkte. Einen Augenblick, ich muss jetzt wieder zuklappen, damit dem Bild nichts passiert. Es gibt zum Beispiel diese sogenannte Eisen-Gallus-Tinten. 

Man stellt sich dann vor, ich weiß nicht, wie groß das Tintenfass von Johann Wolfgang von Goethe gewesen ist, aber egal, wie groß es war, es war irgendwann alle. Und weil diese Produkte so regional sind, hoffen wir, wenn man sich diese Reise nochmal gegenwertig macht, dass wir die Veränderung den Reisefluss im Tintenfluss nachweisen können. 

Wenn ihr jetzt heute arbeitet, wenn ihr Grafiken restauriert, was ist da ungefähr das Spektrum, wenn ihr sagt, ich restauriere das jetzt?

Wir können den Verfallsprozess von den Dingen sowie auch unseren Eigenen nicht wirklich verändern. Wir können ihn verlangsamen. Wir können ihn vielleicht fast zum Erliegen bringen. Das ist unser Ziel, dass die Kunstwerke, die uns anvertraut sind, möglichst lange eine lange Lebenserwartung haben, aber in jedem Fall ist es unser Ziel, sie für die nächste Generation zu erhalten. 

Also ihr seid eigentlich nicht nur Expert*innen in Kunstsachen, sondern auch so ein bisschen in Naturwissenschaften, wenn ihr euch so mit Grafiken beschäftigt? 

Natürlich ist das Wissen darüber, wie etwas hergestellt wurde, aus was es besteht und wie es aufgebaut ist, wichtig, um es erhalten zu können. Gleichzeitig beantworten wir mit der Frage, wie ist es aufgebaut, natürlich auch andere Fragen, die sich dann aus der Kunstgeschichte ergeben. Wie alt ist es? Ist es echt? Ist es eine Fälschung? Also all diese Dinge. Ist es eine Kopie? Das sind Fragen, die wir natürlich auch mit beantworten. Es geht darum, so viel wie möglich Wissen zu erlangen, um sie so optimal wie möglich erhalten zu können. Ich habe da gerade auch ein Beispiel da, wenn ihr wollt.

Ja, zeig mal. 

Wir haben nicht nur Goethe. Den Hasen, den kennen ja eigentlich alle, oder? 

Genau der Hase ist sehr bekannt. 

Es gilt als eine Kopie nach dem berühmten Dürer-Hasen aus der Albertina in Wien. Was wir aber sehen, jetzt unabhängig davon ist, dass der in einem nicht so guten Zustand ist. Wir wissen, als der Hase nach Weimar kam, das war 1809, dass er in einem sehr guten Zustand gewesen ist. Es war eine Art Geschenk beim Kunstkauf des Großherzogs. Wenn wir dann so eine Zeichnung untersuchen, dann haben wir unter Umständen auch Erkenntnisse, die wir erst gar nicht erwartet haben. Wie man hier sehen kann, hier haben wir verschiedene Elemente, wie sie auf dieser Zeichnung verteilt sind und wo wir sehen können aus was diese Farben bestehen. Hier zum Beispiel im Element Zink haben wir etwas völlig anderes. Wir sehen, wie eine Farbe über diese Zeichnung gelaufen ist und hier am Rahmen dann stehen blieb. Das ist das Element Zink und das lässt uns die Vermutung zu, dass dort einfach ein Eimer Zinkweiß ausgekippt oder umgefallen ist von einem unglücklichen Malerlehrling und ist über diesen Hasen gelaufen. Danach hat man versucht, den Schaden so gut es geht zu minimieren, aber übrig geblieben ist unser doch sehr lädiertes Häschen. 

Also, hier wird schon gesagt: “Sehr interessant. Spannende Erkenntnisse. Auch gute Ideen, was ihr so habt.” Wie kommt ihr auf diese Bilder? Wie entstehen die dann, die wir da jetzt gerade digital sehen? 

Also, das ist ein sehr seltenes und kostbares Gerät. Das ist ein Röntgenportalscanner. Das ist ein Röntgengerät, was jetzt sozusagen zweidimensional arbeitet, also nicht wie beim Zahnarzt, die fahren ein Bild, sondern es ist ein sehr kompliziertes Verfahren wo die Kunstwerke, und dass ist immer wichtig, wir dürfen sie ja nicht zerstören. Das heißt, wir müssen sie zerstörungsfrei analysieren und das kann man mit diesem Gerät selten machen. Dass man es auch nicht anfassen muss oder nichts rausschaben muss.

Hier ist vielleicht auch noch mal ganz interessant, der Hase ist auf einem Holzbrett, weil wir doch über Alter gesprochen haben. Wir wissen, dass dieser Baum 1471 gepflanzt wurde oder sich angesät hat und 1500 und ich weiß jetzt nicht genau 93 oder 94 ist er gefällt worden. Das sind alles Informationen, die uns letztlich dann die Geschichte deutlicher werden lassen. 

Wir haben noch ein ganz spannendes weiteres Objekt, was soll ich gerne zeigen wollen. Das ist hier eine Grafik von Conrad Felixmüller, einem Künstler aus dem zwanzigsten Jahrhundert. Ich habe nochmal nachgelesen, ich fand das ganz spannend, der hieß eigentlich Conrad Felix Müller, aber ein Kunsthändler hat ihm gesagt er soll den zweiten Vornamen mit dem Nachnamen zusammenziehen, weil er dann mehr Erfolg hätte als jemanden mit dem Nachnamen Müller. Was ist hier das spannende an dieser Grafik? Ich zeige sie euch erstmal.

Die ist nämlich eigentlich so, wenn man sich die anschaut, die hat schöne Farben, hatte ich jetzt am Anfang gedacht, sieht super aus. Genau, erzähl mal.

Da kam ein Sammler zu uns und erzählte die Geschichte, dass er dieses Blatt erworben hat und er hat es auch bei sich hängen gehabt und das hat ihm auch wunderbar gefallen. Es ist ein sehr seltener Druck und etwas später kam dieser Druck in eine Auktion und da sah er aber so aus. Das ist ja eine ganz andere Farbe. Das ist ja viel greller. Auf der Suche nach der Antwort auf die Frage ist es eine Variante oder wie hat er das quasi ausgerahmt und hat das Passepartout entfernt und da aber das Passepartout das Blatt geschützt hat, da sieht man plötzlich noch die ursprüngliche Farbigkeit. 

Das heißt, in Wirklichkeit war das so rot und blau, wie wir es hier auf dem Druck sehen? 

Genauso! Im Prinzip sogar, wenn man jetzt nur das Rot sieht von dem Rot sieht man nur noch das Bindemittel, also das Mittel, was die Farbe, wenn ich mal so sagen darf, zum Kleben oder zum Haften gebracht hat. Das zeigt uns aber, wie vergänglich Kunst ist und hier reden wir wirklich nur über Licht, nicht mal über chemische Schäden, auch nicht über Nagetiere oder Silberfische. Nur die Tatsache, dass Licht dieses Blatt längere Zeit getroffen hat, hat dazu geführt, dass die Farben nicht mehr da sind. Das ist halt der Auftrag, den wir auch irgendwie lösen müssen. Wie erhalten wir die Dinge und die können wir sie trotzdem zeigen. Machen wir uns nichts vor, diese Sachen erhalten wir nur, damit die Menschen sie immer wieder sehen und befragen können. 

Vielen Dank für diese spannenden Einblicke zu Goethe zu dem Dürer-Hasen oder auch nicht Dürer-Hasen und hier zu diesem Bild. Wir gehen jetzt mal noch einen Raum weiter, da steht noch ein anderer Kollege. Erstmal Danke Uwe für den Einblick. 

Gerne Felix. Schön, dass du da warst.

Dann kommen wir jetzt hier in einen weiteren Werkstattraum. Ich gehe mal auf die andere Seite des Tischs und hier steht der Carsten. Hallo Carsten. 

Hallo. 

Carsten, was machst du hier in der Restaurierung? 

Das sieht jetzt vielleicht etwas untypisch aus für die Restaurierung: also, neben der Restaurierung und dem Bewahren, versuche ich die Messungen, die wir machen, mit den neuen Geräten zu verstehen, die Tinten, die wir analysieren. Das kann man ausschließlich verstehen und richtig interpretieren und deuten, wenn man es auch selbst hergestellt hat.

Genau sieht man schon. Du hast uns schon ein bisschen was hingelegt. 

Ja, das ist so wie ich habe mal was vorbereitet. Ich habe hier bereits schon das wichtige hingelegt. Was wir hier nochmal sehen, das ist ganz klein, heißt aber selbst entnommen einem Tintenfisch. Das ist die Tintenfischblase. 

Aus der wird dann dieses Sepia gewonnen?

Die wird dann getrocknet und zermörsert und dann wird das Sepia daraus gewonnen. Apropos Mörser, hier stehen auch zwei Mörser. Was hat's denn mit den Mörsern auf sich? Warum sind die für dich und deine Arbeit so wichtig? Da wir in der Forensik unterwegs sind, wir haben ja nicht wie im Gemälde ganz viel Material auf der Leinwand, sondern wir haben sehr dünne Striche und fast kein Material drauf. Das heißt, wir messen wirklich alles, was vorhanden ist und wir können letztendlich auch Messen, in welchem Mörser dieser Gallapfel auch zerstoßen wurde, weil jedes Material durch diesen kräftigen Abrieb in dem Mörser - die Galläpfel müssen, wenn sie hergestellt werden, erstmal zermörsert werden - und dann mit Eisenvitriol und Regenwasser gemischt und dann bildet sich an der Luft diese schwarze Tinte, wie man hier so wunderbar sieht. Je nachdem, wie gut die Qualität der Äpfel ist, wird die Tinte schwarz oder grau oder blau.

Das heißt, du suchst auch solche Gallusäpfel im Wald und dann machst du dir deine Tinte? 

Also ich suche seit vielen Jahren meine Kinder suchen, aber das Finden ist schwer. Ich weiß nicht, wo die hin sind, aber bei Amazon kann man sie auch bestellen. Jetzt keine Produktwerbung machen [lachen]. Ist auch keine gute Qualität, aber es gibt scheinbar doch noch auf der Welt welche. 

Was wir hier noch sehen, ist dieses Mäppchen, was uns so beeindruckt hat. Davon haben wir hier mehrere in dieser Werkstatt liegen. Das sieht ein bisschen aus wie beim Zahnarzt und ihr habt uns gesagt, da hat einfach jede*r Restaurator*in das eigene Mädchen. 

Klar, immer, wenn ich beim Zahnarzt bin, frage ich auch, aber letztendlich jeder hat ein eigenes Werkzeug und es gehört auch dazu, dass man nicht bei dem Anderen einfach stibitzt, weil jeder hat seine eigene Art, das Skalpell anzuschärfen und dann weiß er auch, wie es in der Hand liegt. Es sind scharfe Instrumente. Papier ist sehr empfindlich und einmal falsch bewegt ist ein Schnitt drin, ist die Faser zu sehr abgekratzt und nicht nur den Klebstoff, den man ablösen wollte und wir wollen nichts zerstören, sondern bewahren. 

Wir haben jetzt gesehen, diese Werkstatt hier in diesen historischen Räumen zu finden, aber ihr habt ja eben auch ganz viel moderne Technik. Was hilft euch sozusagen die Digitalisierung in der Restaurierung? 

Die Digitalisierung hilft uns zunächst, die Schäden zu dokumentieren oder den Zustand des Blatts zu dokumentieren und das lässt sich mit digitalen Bildern viel besser und viel umfangreicher machen, als es zu Verschriftlichen. Deswegen machen wir lieber mehr Bilder, als etwas zu schreiben, weil das doch nicht so genau beschrieben werden kann. Hier zum Beispiel: Eisengallustinte, Hauptelement Eisen in der Verteilung auf dem Blatt. Jede Tinte hat ihren eigenen Fingerprint und wir versuchen, indem wir einen sehr umfangreichen Bestand digitalisieren und aufnehmen, versuchen wir die einzelnen Tinten-Rezeptoren der Künstler herauszubekommen in dem Beispiel Rembrandt, was wir bisher auch ganz erfolgreich vertreten durften. 

Super vielen Dank Carsten für diesen Einblick auch für den Einblick hier nochmal in deine Werkstatt. Ihr seht die Zeit geht schnell vorbei. Kirsten dreht die Kamera wieder um und wir hoffen, ihr habt jetzt so ein bisschen Eindruck gewinnen können, was unser Restauratoren und Restauratorinnen hier in der Klassik Stiftung Weimar machen. Wir haben schon bei der Vorbesprechung gemerkt, theoretisch könnten wir hier eine ganze Serie drehen, weil es so viel zu erzählen gibt und so viel zu berichten gibt, aber es gibt auch was zu gewinnen! 

Es gibt immer was zu gewinnen. Ihr konntet euch ja da schon dran gewöhnen, in den anderen Folgen. Dieses Mal ist unsere Frage: Ihr habt ja jetzt gehört, die Restaurator*innen hier, die arbeiten wirklich mit der Perspektive auf 100 Jahre. Was besitzt ihr, was die nächsten 100 Jahre überdauern sollte? Wir können vielleicht auch noch Tipps geben, wie das gelingt. Über den Lichtschaden haben wir was gelernt. Was besitzt ihr, was die nächsten 100 Jahren noch existieren sollte oder intakt bleiben sollte. Schreibst es uns gerne unter das Video. Morgen wird es dann auf Facebook oder YouTube gepostet. Auch da könnt ihr drunter kommentieren. Zu gewinnen gibt es diesmal etwas ganz Besonderes. Einmal haben wir eine Faksimilierung, das heißt eine sehr hochwertige Produktion einer Goethe-Zeichnung hier von Goethes Farbkreis. Vielleicht kennt ihr den. Dort stehen auch die Temperamente drauf, also die Farben, die Goethe den jeweiligen Charakteren zugeordnet hat, kann man hier auf dieser Zeichnung von ihm sehen. Die wird dann auch noch mal persönlich passepartouriert von Uwe und Carsten. Also, da gibt es dann noch ein schönes schützendes Passepartout dazu. Draufgelegt haben wir auch noch einen Notizblock mit einem echten Abdruck vom Ginkgoblatt. Der wurde bei uns in der Buchbinder-Werkstatt hergestellt. Da kann man dann so seine persönlichen Gedanken nochmals zu den Farbnuancen aufschreiben. Man muss sich nur überlegen, mit welcher Tinte man das macht, falls das dann auch irgendwie mehrere Jahrhunderte überdauern soll, wenn mal jemand forscht, wo ihr das gemacht habt. 

Das war's schon wieder für heute. Vielen Dank fürs Zuschauen. Wir freuen uns über eure Kommentare über Fragen, gerne auch im Nachhinein unter das Video und dann hoffen wir euch bald wiederzusehen. Wahrscheinlich gibt es in den nächsten Wochen noch eine Frage. Wir haben gerade wieder Bock. Ja, es geht weiter. Also Dankeschön und bis bald. Tschüss. Einen schönen Sonntag euch.

Vorhaben der Klassik Stiftung Weimar werden gefördert durch den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) und den Freistaat Thüringen, vertreten durch die Staatskanzlei Thüringen, Abteilung Kultur und Kunst.