Vorhaben der Klassik Stiftung Weimar werden gefördert durch den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) und den Freistaat Thüringen, vertreten durch die Staatskanzlei Thüringen, Abteilung Kultur und Kunst.

Pioniere der Fortbewegung: die Weimarer Laufmaschine des Freiherrn von Drais
„Nirgends wohl im ganzen deutschen Lande findet sich eine zweite Stätte, wo man die Fortschritte des Wagenbaus der letzten Jahrhunderte und dessen Modelaunen“ besser an konkreten Fahrzeugen nachvollziehen kann als in Weimar.
Diese Worte stellt der Berliner Verleger Alfred Nesselmann 1899 an den Beginn seiner Publikation über „Historische und moderne Wagen des Grossherzoglichen Hofes zu Weimar“. Ein gutes Beispiel für den Pioniergeist der Mobilität im Umfeld der Weimarer Großherzöge ist die Draisine, die sich bis heute im Besitz der Klassik Stiftung Weimar befindet. Die 1817 von Karl Freiherr von Drais erfundene Laufmaschine erwarb Großherzog Carl August bereits ein Jahr später für seinen Sohn Carl Friedrich. Sie ist damit das zweitälteste erhaltene Exemplar dieser Vorform des Fahrrads. Wie eine kunsttechnologische Untersuchung gezeigt hat, ist die Weimarer Draisine in ihrem konstruktiven Bestand weitgehend unverändert.
Die Laufmaschine kann an die Körpergröße ihres Besitzers angepasst werden: Die Lenk- bzw. Zugstange, das Balancierbrett und der Sitz sind höhenverstellbar. Gesteuert wird die Draisine über eine Drehschemel-Lenkung am Vorderrad. Nur das ursprünglich vorhandene und vor dem Balancierbrett eingehängte Zugseil zur Bedienung der Bremse am Hinterrad fehlt.
Auf der Lenk- bzw. Zugstange befindet sich auch die Lizenzmarke mit dem Wappen des Freiherrn: Dieser hatte die Laufmaschine zwar entwickelt und patentiert, konnte sie aber nicht selbst herstellen. Die Fertigung erfolgte in Lizenz in verschiedenen Ausführungen je nach Geschmack und Geldbeutel der Auftraggeber. Das erklärt die Unterschiede zwischen den beiden ältesten erhaltenen Laufmaschinen. Die älteste erhaltene Draisine aus dem Besitz des Grafen Reuttner von Weyl befindet sich heute im Germanischen Nationalmuseum in Nürnberg. Sie unterscheidet sich durch einen hinter dem Sattel befindlichen Querbalken zum Gepäcktransport von dem wenig später entstandenen Weimarer Exemplar.
In einem interdisziplinären Projekt aller Fachbereiche der Abteilung Konservierung, Restaurierung und Kunsttechnologie wurde die Laufmaschine 2017 – anlässlich des 200. Geburtstags des Fahrrads – kunsttechnologisch untersucht. Neben der Vorbereitung konservierender und restauratorischer Maßnahmen sollte die Untersuchung weitere Fragen beantworten: So standen die in der Literatur wiederholt gemachten Angaben zur Originalität der Konstruktion teilweise im Widerspruch zu optischen Befunden an der Laufmaschine. Die Untersuchung bestätigte nun einerseits die hochwertige, originale Ausführung der einzelnen Komponenten, doch konnten andererseits deutliche Unterschiede in der Farbigkeit der heute olivgrün erscheinenden Bemalung des Holzes festgestellt werden. Auch die immer wiederkehrende Frage nach dem Gewicht wurde geklärt: Die im Kutschenmuseum Auerstedt ausgestellte Draisine wiegt 23,5 kg.
Karl Freiherr von Drais (1785–1851)
Laufmaschine/Draisine
1818
Maße: 118 × 66 × 179 cm
Material/Technik: Holz, Metall, Leder, Wolle, Rosshaar
Hersteller: Wagnermeister Johann Frey
Inv.-Nr.: N 21/98
Sammlung: Museen der Klassik Stiftung Weimar/Kutschenmuseum Auerstedt
Provenienz: 1818 von Großherzog Carl August für seinen Sohn Carl Friedrich erworben