Vorhaben der Klassik Stiftung Weimar werden gefördert durch den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) und den Freistaat Thüringen, vertreten durch die Staatskanzlei Thüringen, Abteilung Kultur und Kunst.

| Direktion/Referat | Stabsreferat Forschung | Kolleg Friedrich Nietzsche |
| Projektverantwortung | Prof. Dr. Helmut Heit |
| Laufzeit | von 2021 bis 2023 |
Oscar Levy (1867–1946), promovierter Mediziner, lebte als Arzt und Publizist in Deutschland, England, der Schweiz und Frankreich. Er gehört zu den großen Vergessenen in der ersten Generation der europäischen Nietzsche-Forschung. Wie viele dieser Gruppe – darunter Georg Brandes, Theodor Lessing, Salomo Friedlaender, Felix Hausdorff, Raoul Richter, Max Brahn, Karl Joël oder Georg Simmel – war Oscar Levy jüdischer Herkunft. Und deren aller Schicksal – gebrochene bzw. randständige akademische Karrieren, Exil oder gewaltsamer Tod – teilt auch der lebenslange Exilant Oscar Levy. Neben seiner intensiven philosophischen Essayistik in London und der Verbreitung der Ideen Friedrich Nietzsches in England gab Levy die erste englischsprachige Nietzsche-Ausgabe heraus, die im Zeitraum von 1909 bis 1913 in 18 Bänden erschien. Sie war die bis dahin umfangreichste Textausgabe eines nicht-englischen Philosophen in England.
Mit der Edition der Korrespondenz zwischen Oscar Levy und dem Weimarer Nietzsche-Archiv werden die philosophischen, interkulturellen, fiskalischen und mentalen Problemlagen dieser englischen Nietzsche-Edition und ihre Bedeutung für die geistige Situation jener bewegten Zeit dokumentiert und kommentiert und bislang unpublizierte Quellen zur europäischen Rezeptionsgeschichte der Philosophie Nietzsches erschlossen Dabei wird vor allem deutlich, wie eine kosmopolitische, freiheitliche, europäische und antinationalistische Nietzsche-Rezeption in strikter Distanz zur ‚Deutschsprechung‘ Nietzsches durch das Weimarer Nietzsche-Archiv entstanden ist. Der Briefwechsel zwischen Elisabeth Förster-Nietzsche und Oscar Levy führt so den kulturellen, politischen und auch persönlichen „Kampf um Nietzsche“ in den ersten Dekaden des 20. Jahrhunderts eindrücklich vor Augen.
Der zu erschließende Briefwechsel von etwa 250 Briefen sowie Briefkonzepten, einigen Postkarten und Telegrammen umfasst drei Textkonvolute:
a) als Kernbestand die Korrespondenz zwischen Oscar Levy und Elisabeth Förster-Nietzsche (zwischen 1904 und 1924, bzw. dem letzten – nunmehr offenen – Brief Levys an Förster-Nietzsche vom 11. Mai 1929);
b) den Briefwechsel zwischen Oscar Levy und den Mitarbeitern des Nietzsche-Archivs, wie namentlich Max Oehler (1875–1945), und Mitgliedern des Stiftungsrats der Stiftung Nietzsche-Archiv, wie namentlich Richard Oehler (1878–1848);
c) den Briefwechsel zwischen Oscar Levy und seinem wichtigsten Übersetzer Thomas Common (1850–1919) zwischen 1904 und 1919.
Ausgewertet werden die entsprechenden Bestände der „Sammlung Oscar Levy“ der Stiftung Nietzsche-Haus in Sils-Maria sowie der Nachlass des Nietzsche-Archivs im Goethe- und Schiller-Archiv Weimar. Der Briefband wird mit Einleitung, Stellenkommentar und Personenregister im Rahmen der Ausgabe der Gesammelten Schriften und Briefe Oscar Levys (hrsg. von Steffen Dietzsch und Julia Rosenthal seit 2005; bislang Parerga Verlag Berlin) 2023 erscheinen.