Mit fünf Fotos von brandgeschädigten Buchseiten wird gezeigt, wie nanofibrillierte Cellulose das Papier stabilisiert.Klassik Stiftung Weimar

Einsatz von nano- oder microfibrillierten Cellulosen für die Stabilisierung und Restaurierung von historischem Papier

Ein Forschungsprojekt der Herzogin Anna Amalia Bibliothek, Abteilung Bestände, in Zusammenarbeit mit der Universität für Bodenkultur Wien, Institut für Chemie nachwachsender Rohstoffe.

Direktion/ReferatHerzogin Anna Amalia Bibliothek, Abteilung Bestände
ProjektverantwortungLaura Völkel, M.A.
Laufzeitvon 2018 bis 2024

 

Zu den großen Herausforderungen kultureller Institutionen gehört die standardisierte Konservierung größerer Mengen physisch beschädigter Exemplare an Büchern, Manuskripten und Grafiken. Die Arten und Ursachen von Schäden sind vielfältig, zum Beispiel mechanische und chemische Schäden, die durch exogene oder endogene Faktoren verursacht werden, mikrobiologischer Abbau der Cellulose oder spezifische und schwere Schadensbilder, verursacht durch Katastrophen. Um eine zukünftige Nutzung der Objekte zu ermöglichen, ist die Stabilisierung der Papiere sehr wichtig.

Verschiedene Arten von nanoskalig strukturierten Cellulosen, zum Beispiel nanofibrillierte oder bakterielle Cellulose, sind aufgrund ihrer hohen strukturellen Ähnlichkeit mit Papier ein vielversprechendes, neues Stabilisierungsmaterial. Sie können mechanisch beschädigte Papiere durch eine direkte und klebstofffreie Applikation stabilisieren.

Ziel des Forschungsprojekts, das in enger Kooperation mit der Universität für Bodenkultur Wien, Institut für Chemie nachwachsender Rohstoffe, umgesetzt wird, ist die Untersuchung von Nanocellulosen als Stabilisierungsmaterial für Papiere mit extremen Schadensbildern, zum Beispiel Brandschäden oder Tintenfraß, und darauf aufbauend die Entwicklung weiterer praktischer Anwendungsmöglichkeiten. Der Gesamteinfluss auf die Papiermatrix und die Haftung der Nanocellulose am Papier sind von besonderem Interesse. Im Rahmen der ersten Projektphase (2018 bis 2021) konnte im Labormaßstab nachgewiesen werden, dass sowohl kommerziell verfügbare Nanocellulosen als auch Modell-Nanocellulosen eine stabilisierende Wirkung auf die beschädigten Papiere haben. Dieses vielversprechende Stabilisierungsverfahren soll in der nun folgenden Projektphase (2021 bis 2024) in der Restaurierungswerkstatt für brandgeschädigtes Schriftgut mit akademischer Lehrwerkstatt Weimar-Legefeld, die der Herzogin Anna Amalia Bibliothek angehört, in die Praxis überführt und für die Behandlung größerer Mengen ausgebaut werden. Gleichzeitig wird angestrebt, die Anwendung von Nanocellulose und Modell-Nanocellulosen bei anderen Schadensbildern zu untersuchen, um die Funktionalität der Nanocellulosen zu erhöhen und ihre Einsatzmöglichkeiten zu vervielfachen. Darüber hinaus ist beabsichtigt, die erarbeiteten Forschungsergebnisse und praktischen Erfahrungen in der akademischen Lehrwerkstatt an Studentinnen und Studenten zu vermitteln.

 

Mit fünf Fotos von brandgeschädigten Buchseiten wird gezeigt, wie nanofibrillierte Cellulose das Papier stabilisiert.
Mit nanofibrillierter Cellulose (CNF) behandelte Papiere: A) Ein hitzegeschädigtes Papier nach der Applikation: Die CNF wird durch einen weißlichen Schleier im verschwärzten Bereich sichtbar. B) Sie stabilisiert die hitzegeschädigten Ränder, so dass diese mechanischen Bewegungen standhalten. C) Eine behandelte Handschrift: Die CNF beeinflusst das optische Erscheinungsbild in sehr geringem Maße. D) Trotzdem stabilisiert sie die fragilen Randbereiche und schließt die Fehlstellen im Schriftbereich durch ihre filmbildenden Eigenschaften, Klassik Stiftung Weimar

Literaturhinweise

Völkel, L.; Rusakov, D.; Kontturi, Eero; Beaumont, M.; Rosenau, T.; Potthast, A.: Manufacturing heat-damaged papers as model materials for evaluating conservation methods. In: Cellulose 2022, 29, 6373-6391.

Völkel, L.; Beaumont. M.; Johansson, L.-S.; Czibula, C.; Rusakov, D.; Teichert, C.; Kontturi, E.; Rosenau, T.; Potthast, A.: Assessing Fire-Damage in Historical Papers and Alleviating Damage with Soft Cellulose Nanofibers. In: Small, 2105420, Februar 2022.

Völkel, L.; Prohaska, T.; Potthast, A.: Combining Phytate Treatment and Nanocellulose Stabilization for Mitigating Iron Gall Ink Damage in Historic Papers. Herit. Sci. 2020, 8 (1), 86.

Völkel, L.; Ahn, K.; Hähner, U.; Gindl-Altmutter, W.; Potthast, A.: Nano Meets the Sheet: Adhesive-Free Application of Nanocellulosic Suspensions in Paper Conservation. Herit. Sci. 2017, 5 (1), 23.

Kontakt

Vorhaben der Klassik Stiftung Weimar werden gefördert durch den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) und den Freistaat Thüringen, vertreten durch die Staatskanzlei Thüringen, Abteilung Kultur und Kunst.