Vorhaben der Klassik Stiftung Weimar werden gefördert durch den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) und den Freistaat Thüringen, vertreten durch die Staatskanzlei Thüringen, Abteilung Kultur und Kunst.
Als Inkunabeln werden Drucke aus der Zeit der Erfindung des Buchdrucks mit beweglichen Lettern durch Johannes Gutenberg im Jahr 1454 bis Ende des Jahres 1500 bezeichnet. Drucke, die zwischen dem 1. Januar 1501 und dem 31. Dezember 1520 entstanden, werden als Postinkunabeln bezeichnet. Der Name leitet sich vom lateinischen Wort Incunabula ab, das mit Wiege übersetzt werden kann. Daher ist auch die Bezeichnung Wiegendrucke geläufig. Sie sind Zeugnisse für den Übergang vom handgeschriebenen Buch zur maschinellen und somit massentauglichen Herstellung von Schriftgut in Europa.
Die historische Sammlung umfasst Texte der Antike, Bibeln, theologische und philosophische Werke, Chroniken und historische Erzählungen, juristische, mathematische und medizinische Werke. Ein Großteil der Drucke ist in den 90er Jahren des 15. Jahrhunderts, also aus der spätesten Phase des Wiegendrucks, entstanden. Das älteste Impressum ist aus dem Jahr 1469. Die meisten Drucke der Bibliothek stammen aus italienischen Offizinen (Buchdruckwerkstätten), sie sind teils noch in ihren originalen italienischen Einbänden erhalten geblieben. Wie in den ersten Jahrhunderten des Buchdrucks üblich, wurden die meisten der bedruckten Papierbögen ungebunden verschickt und erhielten ihren Einband am Ort ihrer Verwendung. Daher beinhaltet die Sammlung auch viele zeitgenössische Einbände aus lokalen Buchbindereien in Erfurt und Leipzig.
Die Inkunabeln gehen, wie auch die anderen historischen Bestände, auf gezielten Einzelerwerb und den Kauf von Sammlungen durch die Weimarer Fürsten und ihre Bibliothekare seit dem 17. Jahrhundert zurück. In etwa der Hälfte der Inkunabelbände lassen sich daher Eintragungen finden, welche die früheren Besitzer des jeweiligen Buches kennzeichnet. Viele dieser nachweisbaren Provenienzen sind Einzelbände aus angekauften Sammlungen. Lediglich drei Vorbesitzer steuerten über ihre Sammlungen eine größere Anzahl von Bänden bei: 18 Titel stammen aus der großen Gelehrtenbibliothek von Konrad Samuel Schurzfleisch (1641-1708).
Herzog Wilhelm Ernst von Sachsen-Weimar (1662-1728) sammelte nicht nur für die Hofbibliothek, sondern kaufte einige Inkunabeln für seine Privatsammlung, die er später der herzoglichen Bibliothek übereignete. Aus späterer Zeit stammen die 11 Titel des Philologen und Altertumsforschers Wilhelm Fröhner (1834-1925), dessen Sammlung von seltenen Büchern die damalige Landesbibliothek bereicherte.
Die historische Sammlung der Herzogin Anna Amalia Bibliothek enthält 427 Inkunabeln, von denen einige in Sammelbänden mit insgesamt 87 Postinkunabeln zusammengebunden sind.
Die Inkunabeln sind im Bibliothekskatalog in der Signaturengruppe „Inc“ verzeichnet, die auch weitere Sammelbände und Drucke, die nach 1520 erschienen sind, beinhaltet.
Die Sammlung wurde mit dem 2007 durch Dr. Eva Raffel vorgelegten gedruckten Katalog vollständig erschlossen.
Alle Titel der Signaturgruppe „Inc“ im Online-Katalog der Herzogin Anna Amalia Bibliothek
Inkunabeln in den Digitalen Sammlungen der Herzogin Anna Amalia Bibliothek
INKA – Inkunabelkatalog Deutscher Bibliotheken der Universität Tübingen
Eva Raffel: Die Inkunabeln. In: Bibliographien und Kataloge der Herzogin-Anna-Amalia-Bibliothek zu Weimar. Hrsg. v. Michael Knoche. Wiesbaden 2007. (im Katalog)
Eva Raffel: In Europa gedruckt, in Weimar gesammelt: Die herzogliche Inkunabelsammlung. In: Europa in Weimar. Visionen eines Kontinents. Göttingen 2008 (= Jahrbuch der Klassik Stiftung Weimar, Jg. 2008), S. 48-76. (Digitalisat)