Ars Ignis

Die Poesie der Zerstörung

Am 2. September 2004 brannte die Herzogin Anna Amalia Bibliothek. Zum 20. Jahrestag des Brandes präsentierte die spanische Künstlerin Anna Talens die zweiteilige künstlerische Intervention »Ars Ignis«. In poetischer Weise setzte sie sich mit der zerstörerischen und schöpferischen Energie des Feuers auseinander.

Die künstlerischen Interventionen fanden sich an zwei Orten der Herzogin Anna Amalia Bibliothek: im historischen Rokokosaal und im modernen Studienzentrum. Als Material dienten der Künstlerin Reste von Büchern, die nicht restauriert werden konnten.

Die Arbeit »Der schwarze Vulkan« in dem vom Brand betroffenen Rokokosaal formte sich aus den Aschepartikeln der zerstörten Bücher und legte verschiedene Zeitebenen frei. Anna Amalias und Goethes Italien-Reisen trafen auf die jüngere Geschichte des Ortes, den Brand im Jahre 2004. Der zweite Teil der Intervention im Studienzentrum, »Das weiße Archiv«, ließ in einer Ausstellung die Ästhetik der erhaltenen Buchfragmente entdecken. Inspiriert durch Motive aus den Aschebüchern haben Autorinnen und Autoren aus Spanien, Kanada, Kolumbien, Deutschland, Italien, Türkei und Belarus neue Texte geschrieben. 

Erfahren sie mehr über die künstlerische Intervention

Die Künstlerin Anna Talens

arbeitet interdisziplinär auf dem Gebiet der Skulptur und deren Beziehung zum Raum. In den letzten Jahren hat sie sich auf die Konzeption von spezifischen Projekten für historische Architekturräume spezialisiert. Ihre Arbeiten befassen sich mit der Skulptur als einer sinnlichen Erfahrung, die durch den Raum, in dem sie sich befindet, aktiviert wird.
2020 war Anna Talens Stipendiatin an der Spanischen Akademie in Rom, wo sie die Installation "Mons Aureus" im Tempietto di Bramante realisierte. 2022 wurde ihr erstes öffentliches Kunstwerk "Palafit" auf dem Caixaforum in Valencia eingeweiht. 2022 und 2024 war sie Bauhaus-Fellow der Klassik Stiftung Weimar. 
Ein wichtiges Thema ihrer Werke dreht sich um das gefundene Objekt und den bewohnten Raum sowie um die Wahrnehmung der Zeit durch die Umwandlung von Materie oder den Lichteinfall auf das skulpturale Objekt. 

Anna Talens wurde 1978 in Spanien geboren, sie lebt und arbeitet in Berlin und Valencia.

Website der Künstlerin

 

„Dieses Projekt zielt darauf ab, den Fragmenten und der Asche, die von Forschern und Restauratoren bisher nicht identifiziert und wiederhergestellt werden konnten, eine neue Bedeutung zu geben. Kunst als aktives Werkzeug an Orten, die die Wissenschaft nicht mehr erreichen kann.“

Anna Talens

Das weiße Archiv - internationales Literaturprojekt

Das internationale Literatur-Projekt »Das weiße Archiv« war Teil der Intervention von Anna Talens im Bücherkubus des Studienzentrums der Herzogin Anna Amalia Bibliothek. 

Anna Talens sichtete den digitalisierten Bestand nicht identifizierter Aschebücher.
Aus über 10.000 Buchseiten suchte die Künstlerin 30 Fragmente aus, die sie internationalen Autorinnen und Autoren vorlegte. Diese wählten jeweils ein Motiv aus und schrieben davon ausgehend einen literarischen Text. 
So ist aus den zwar geretteten, aber kontextlosen, nicht identifizierten Text- und Bildfragmenten durch die Sprache der Kunst ein neues Wissen entstanden, das der Auslöschung der Information entgegentritt. 

Die Aschebuchfragmente und die Texte der Autorinnen und Autoren wurden in einem weißen Planschrank im Bücherkubus des Studienzentrums der Bibliothek präsentiert.

Autorinnen und Autoren des Literaturprojekts

Daniela Danz (*1976, Deutschland), Schriftstellerin, Lyrikerin, Kunsthistorikerin, Übersetzerin und Herausgeberin, lebt in Kranichfeld, Thüringen; 2013–2020 Leiterin Schillerhaus, Rudolstadt; seit 2021 Leiterin Bundeswettbewerb „Demokratisch Handeln“; Vizepräsidentin der Akademie der Wissenschaften und Literatur Mainz; seit 2022 Mitglied der Bayerische Akademie der Schönen Künste, Deutscher Sprachpreis (2022)

Pablo Fidalgo (*1984, Spanien), Bühnenbildner, Schriftsteller, Lyriker, Kurator, lebt in Vigo; Bühnenstücke und literarische Werke zum Thema Identität und Geschichte; Theaterinszenierungen in Portugal, Spanien und Italien u.a. „Daniel Faria“, 2017, Teatro Nacional Dona María II, Lissabon, „La Enciclopedia del dolor. Tomo I: Esto que no salga de aquí“, 2022, Teatro de la Abadía, Madrid; zahlreiche Publikationen von Bühnentexten und Lyrik 

Sonia Gentili (*1970, Italien), Schriftstellerin, Literaturwissenschaftlerin, lebt in Rom; Professorin für  italienische Literatur an der Sapienza Universität Rom; zahlreiche Publikationen  von Lyrik, Erzählungen und Jugendbüchern; Mitbegründerin des Kollektivs für visuelle Poesie 

Volha Hapeyeva (*1982, Belarus), Lyrikerin, Autorin, Übersetzerin, Künstlerin, promovierte Linguistin, lebt seit 2019 in Österreich; zahlreiche Preise, Auszeichnungen, Stipendien und Residencies, u.a. English PEN Translation Award (2021); Writer-in-Residence in Graz (2019/20), Eduard-Rosenthal-Stipendium Jena (2024); sie schreibt in belarussisch und deutsch

Ramona de Jesús (*1990, Kolumbien), Dichterin, Essayistin, Übersetzerin, lebt seit 2010 in Deutschland; Studium Vergleichende Literaturwissenschaft, FU Berlin und Kreatives Schreiben, Universidad Nacional Tres de Febrero, Buenos Aires; zahlreiche Stipendien und Preise, u.a. Nationaler Preis für Poesie für ein noch unveröffentlichtes Werk, Kolumbien (2020), Stipendium Deutscher Übersetzerfonds (2024)

Dilber Macit (*1996, Türkei), lebt in der Türkei; studiert an der Istanbul Universität, leitende Assistentin bei Ekol TV; Regie-Assitenz „Robot Pinocchio“, Talimhane Theater, Istanbuld, Teilnahme am Projekt „Şehir Yazarlarını Arıyor“ (Die Stadt sucht ihre Schriftsteller), Stadttheater Istanbul

Javier Maderuelo (*1950, Spanien), Schriftsteller, Architekt und Kunsthistoriker, Kunstkritiker (El País), lebt in Madrid; 2001–2013 Professor für architektonische Komposition an der Universität Alcalá; Mitherausgeber der Reihe „Landschaft und Theorie“ (Editorial Biblioteca Nueva, Madrid); 2007–2014 Kuratoriumsmitglied des Museo Nacional Centro de Arte Reina Sofía, Madrid; 2013–2017 Leiter der Forschungsabteilung des Lafuente-Archivs, Madrid

Alberto Manguel (*1948, Argentinien), Schriftsteller, Übersetzer, Herausgeber, Kritiker, ehemaliger Direktor der argentinischen Nationalbibliothek, Buenos Aires, lebt in Lissabon; mehrere Romane und Sachbücher zu den Themen Lesen und Bibliothek; zahlreiche internationale Auszeichnungen, u.a. Guggenheim-Fellowship (2004), Ordre des Arts et des Lettres (2014), Prix Formentor (2017), Gutenberg-Preis (2018); Doktor honoris causa an verschiedenen Universitäten in Amerika und Europa

Stefan Petermann (*1978, Deutschland), Schriftsteller, lebt in Weimar; Dozent für Kreatives Schreiben an der Bauhaus Universität Weimar; zahlreiche Reportagen, Hör- und Drehbücher, Bildbände; Roman „Der Schlaf und das Flüstern“ (2009); Stadtschreiber Wels (2015); „Jenseits der Perlenkette“, Reisereportage, zusammen mit Yvonnne Andrä (2020); Mitbegründer des Filmautorenkollektives 1meter60 Film

María Sánchez (*1989, Spanien), Schriftstellerin, Lyrikerin, Tierärztin, Radioautorin, lebt in Galicien/Spanien; zahlreiche Online-Publikationen zu Feminismus, Literatur und dem Leben am Land; Lyrikband „Cuadernos de Campo“ (2017), Essay „Land der Frauen“ (2020 in dt. Übersetzung), Artist in Residency Villa Waldberta, München (2021)

Kunstbücher

Zur Intervention entstanden 13 hochwertig gefertigte Mappen mit den Texten zu “Der schwarze Vulkan” und “Das weiße Archiv” in Originalsprache und den Abbildungen der Aschebuchfragmente.  

Begleitheft mit Texten in deutscher Übersetzung

Zur Intervention »Das weiße Archiv« ist ein Begleitheft erschienen, in dem alle Texte in deutscher Übersetzung nachlesbar sind. 
Das Heft kann digital über den Publikationsserver der Klassik Stiftung Weimar abgerufen werden. Die Printversion war während der Intervention im Bücherkubus des Studienzentrums der Herzogin Anna Amalia Bibliothek erhältlich und ist mittlerweile vergriffen. Das Heft kann über den Bibliothekskatalog ausgeliehen werden.

Titel- und Doppelseite aus dem Begleitheft zur Intervention »Ars Ignis. Die Poesie der Zerstörung«
Titel- und Doppelseite aus dem Begleitheft zur Intervention »Ars Ignis. Die Poesie der Zerstörung«

Szenische Lesung der Texte mit Steve Karier

In der Woche des 20. Jahrestags des Bibliotheksbrandes, während des Kunstfest Weimar, vom 2. bis 5. September 2024, wurden Auszüge aus den Texten durch den Schauspieler Steve Karier im Bücherkubus des Studienzentrums jeweils um 16 Uhr für 20 Minuten vorgetragen.  

Steve Karier (*1961, Luxemburg), Schauspieler, Festivaldirektor, Dozent, lebt in Luxemburg und Deutschland; 1984-1988 und 2003-2009 Theater Basel, 1995-2000 Schauspielhaus Bochum, Mitbegründer und Präsident des Vereins Fundamental (2009); seit 2010 Leiter des Fundamental Monodrama Festival; Gastspiele und Tourneen in Europa, Amerika, Asien und Afrika, regelmäßige Beteiligung am Kunstfest Weimar

Öffnungszeiten, Ort und Laufzeit

Teil „Der schwarze Vulkan“: 

Rokokosaal | Di–So (Mo geschlossen) 9.30 – 18 Uhr

Teil „Das weiße Archiv“:

Studienzentrum | Mo–Fr | 9–20 Uhr; Sa | 9 – 17 Uhr

Laufzeit:

23. August - 24. Oktober 2024

Rahmenprogramm

Lesung der zur Intervention entstandenen Texte internationaler Autorinnen und Autoren während des Kunstfestes Weimar.

22. Aug, 18 - 20 UhrVernissage: ARS IGNIS. Die Poesie der Zerstörung

22. Aug, 18 - 20 Uhr

2. - 5. und 7. Sep, 16 - 16.30 Uhr

Szenische Lesung: ARS IGNIS. Die Poesie der Zerstörung

Kooperationspartner

Förderpartner

Vorhaben der Klassik Stiftung Weimar werden gefördert durch den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) und den Freistaat Thüringen, vertreten durch die Staatskanzlei Thüringen, Abteilung Kultur und Kunst.