Stammbuchportal

Thüringenweite Zusammenführung von Stammbuchbeständen aus Bibliotheken, Archiven und Museen

Stammbücher sind Alben mit ursprünglich leeren, unbeschriebenen Seiten, in die sich Freunde, Verwandte und Bekannte des Stammbuch-Besitzers eingetragen haben. Diese Buchform gibt es seit mehr als 450 Jahren. Bekannt sind Stammbücher auch unter der Bezeichnung Freundschaftsbücher; später entwickelten sich daraus die Poesiealben. Der Ausdruck „jemandem etwas ins Stammbuch schreiben“ ist auch heute noch vielen geläufig.

Übliche Bezeichnungen sind Album Amicorum, Liber Amicorum, Thesaurus Amicorum, Philothek oder im Deutschen auch Erinnerungsbuch. Diese Alben dokumentieren allesamt den Stamm der Freunde, Verwandten und Gesellen, die sich darin eingetragen haben.

Die Herzogin Anna Amalia Bibliothek verwahrt die weltweit größte Sammlung an Stammbüchern (im weiteren Sinne) aus der Zeit von 1550 bis 1950. Sie wird laufend antiquarisch ergänzt und ist im Online-Katalog verzeichnet. Derzeit umfasst die Sammlung ca. 3.000 Titel.

Vor allem in Universitätsbibliotheken sind Stammbücher traditionell Teil des historischen Bestandes, da sie vor allem im akademischen Umfeld weit verbreitet waren. Aber auch in Archiven und Museen findet sich diese Literaturgattung oft. Eine Zusammenführung dieser verstreuten Bestände ist aus kulturhistorischer Sicht sehr sinnvoll, liefern die Stammbücher doch wichtige Anhaltspunkte zur Struktur und Entstehung sozialer Netzwerke. Diese frühneuzeitlichen Netzwerke werden umso aussagekräftiger, je größer der analysierte Datenbestand ist. Eine gemeinsame Datenbasis ist eine grundlegende Voraussetzung für die Forschung.

Finanzierung

Das Projekt wurde von der Thüringer Staatskanzlei im Rahmen der „Richtlinie zur Förderung von Kunst und Kultur“ finanziert.

Vorarbeiten

Eine internationale Tagung vom 15.-16.01.2013 in der HAAB Weimar („Einschreiben und verzeichnen: Perspektiven der bibliothekarischen Kooperation bei der Erschließung von Stammbüchern“) kam bereits zu dem Schluss, dass die Erstellung eines Standards zur Erschließung und Katalogisierung das zukünftige Zusammenspiel von digitalisierten Stammbuchsammlungen in übergreifenden Datenbanken deutlich erleichtern würde. Tagungsbericht

Eine weitere internationale Tagung vom 13. – 14.02.2019 betonte erneut die Notwendigkeit einer übergreifenden Datenbank. Der Herzogin Anna Amalia Bibliothek wurde hier eine Vorreiterrolle zugesprochen, da sie über die größte Datenbank verfügt, und zudem bereits seit mehreren Jahren im Bereich der Datenerfassung und Präsentation aktiv ist.

Im Rahmen der Teilnahme der HAAB an „Coding da Vinci“ im Jahr 2018 wurde ein Datenset eingereicht, das mehr als 30.000 Einzeleinträge enthält. Eine Auswertung ergab, dass als Eintragungsort Jena mit knapp 4.400 Treffern am häufigsten vorkam. Der Verdacht liegt nahe, dass sich zahlreiche der Einträger in den Matrikeln der Jenaer Universität wiederfinden.  Blogbeitrag

Seit 2008 wurde die Erschließung und Präsentation von Stammbüchern in mehreren Projekten vorangetrieben, welche die J.H. & W. Hector Stiftung, die Gesellschaft Anna Amalia Bibliothek e.V. und die Deutsche Forschungsgemeinschaft gefördert haben.

Von 2015 bis 2018 förderte die Deutsche Forschungsgemeinschaft die Erschließung und Digitalisierung der Stammbuchsammlungen der Herzogin Anna Amalia Bibliothek, der Universitätsbibliothek Tübingen und des Universitätsarchivs Tübingen. Der Schwerpunkt hierbei lag auf den frühneuzeitlichen Stammbüchern von 1550 bis 1740.

Seit 2019 werden die digitalisierten Stammbücher tiefenstrukturiert, sodass individuell und multipel nach Einträgern, Einträgen, Eintragsorten und Erscheinungsjahren recherchiert werden kann.

Projektziele

Für eine thüringenweite Zusammenführung der Stammbuchbestände ist es notwendig, ein allgemeingültiges Erschließungsmodell für Bibliotheken, Archive und Museen zu entwerfen. Ferner sollen die in Thüringer Kultureinrichtungen vorhandenen Stammbücher eruiert werden, da gerade in Archiven diese Bestände oft unbekannt und trotz ihrer unbestrittenen Bedeutung für die Kulturgeschichte nur rudimentär verzeichnet sind. Ein Workshop zur Vorstellung des Portals und des damit verbundenen Zwecks soll potentielle Teilnehmer dazu animieren, ihre betreffenden Werke für kulthura bereitzustellen.

Die HAAB Weimar steht auch nach Ende der Projektlaufzeit als Ansprechpartner zur Verfügung, um eine dauerhafte Betreuung für die datengebenden Einrichtungen anbieten zu können. 

Kultur- und Wissensportal Thüringen

Ziel ist die Weiterentwicklung des Kultur- und Wissensportals Thüringens durch die Schaffung einer einrichtungsübergreifenden Sicht auf die in den Thüringer Kultureinrichtungen vorhandenen Stammbücher. Die dafür nötigen technischen Anforderungen werden im Rahmen des Projektes definiert und getestet.

Stammbücher als Netzwerke

Eintrag von Johann Andreas Quenstedt im Stammbuch von Johann Ernst Gerhard, Wittenberg, am 28. Martii (März) 1650 (Besitz: Forschungsbibliothek Gotha, Signatur: Chart. B 2590)
Eintrag von Johann Andreas Quenstedt im Stammbuch von Sebastian Kirchmaier, Wittenberg, im April 1663 (Besitz: Herzogin Anna Amalia Bibliothek, Signatur: Stb 155)
Eintrag von Johann Philipp Slevogt im Stammbuch von Christoph Heinrich Thalmann, Jena, 1724 (Besitz: Herzogin Anna Amalia Bibliothek, Signatur: Stb 412)
Eintrag von Johann Philipp Slevogt im Stammbuch von Georg Heinrich Häberling, Jena, 1703 (Besitz: Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek Jena, Signatur: Stb. 15)

Kontakt

  • Anja Jungbluth
    Abteilungsleiterin Digitale Bibliothek

    T +49 3643 545 218
    E-Mail
  • Andreas Schlüter
    Referatsleiter Digitale Entwicklung / Systembibliothekar

    T +49 3643 545 233
    E-Mail

Vorhaben der Klassik Stiftung Weimar werden gefördert durch den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) und den Freistaat Thüringen, vertreten durch die Staatskanzlei Thüringen, Abteilung Kultur und Kunst.